Sex sells oder: Warum Reckturnen verboten werden sollte.
Wenn Waschmaschinen schon vor dem Schleudergang in einer Lautstärke poltern, die einen an die Landung eines mittelschweren Hubschraubers denken lässt, wollen sie einem damit wohl sagen: Hey, genug schmutzige Wäsche gewaschen. Ich brauch ne Pause. Als liebevoller Waschmaschinenbesitzer will man ihr nichts Schlechtes und so kommt man ihr in diesem bescheidenen Wunsch nach und lässt sie eine Weile in Ruhe. Auf Kur schicken geht ja nicht.

Umso besser, dass es Waschsalons gibt. In Kinofilmen herrscht in Waschsalons stets hektischer Betrieb, die Stimmung ist heiter, alles in allem gleicht das Ganze eher einem Ausflug auf den Jahrmarkt als schnödem Reinemachen. In Kinofilmen werden in Waschsalons regelmäßig Leute entdeckt, sei es von Musikproduzenten, Fotografen oder Traummännern. In Kinofilmen geht in Waschsalons der Punk ab.

So zog ich aus, bereit, mit einem Sack frischer Wäsche und einem Beutel voll Glück wieder heimzukehren und musste feststellen: Waschsalons sind in etwa so öde wie eine neblige Kuhalm im Spätherbst. Keine Menschenseele war anzutreffen, zu Lesen hatte ich nichts dabei und die Bedienungsanleitung für die Maschine auswendig zu lernen stellte ich mir auch nur bedingt befriedigend vor. Zumal das Ganze auch irgendwie witzlos war, wenn nicht einmal ein mickriger Passant vorbeikam, dem man das eben Gelernte hätte vortragen können.

Die Frage, wie sich also die Zeit vertreiben, schien beantwortet, als mir ein einfiel, dass direkt nebenan ein Erotikladen war. Da ich so einen eh noch nie von innen gesehen hatte und ich mir einredete, dass auf meiner To do – Liste für’s Leben zwischen ‚Radieschenbeet pflanzen‘ und ‚Im Atlas nachschlagen, wo genau Kuala Lumpur liegt‘ sicherlich auch irgendwo ‚Sexshop besuchen‘ stand, marschierte ich schließlich aus dem verwaisten Salon. Den Wäschekorb nahm ich sicherheitshalber mit, dann konnte ich, sollte ich drinnen bemerken, dass das doch keine so gute Idee war, immer noch behaupten, ich hätte mich lediglich in der Tür geirrt. Schon vor der Ladentüre entschloss ich mich, lieber erst einmal einen Blick ins Schaufenster zu werfen. Ein ‚MeinlieberHerrGesangverein‘ wäre doch zu übertrieben, denn - dafür einen Euro in die Phrasenkasse - : jedem das Seine.

Verblüffung beschreibt wohl am Treffendsten, was ich empfand, als ich eine Fotografie einer besonders merkwürdigen Konstruktion entdeckte. Hätte man mir das abgebildete Etwas außerhalb dieses Etablissements, ohne Erklärung und nur mit dem Auftrag, es zu verhökern, in die Hand gedrückt, hätte ich es im Brustton der Überzeugung als Reck angepriesen und sämtliche Kinder dazu angestachelt, sie mögen ihren Papi holen, damit er es kaufen und ihnen im Garten aufbauen konnte. Sicherlich, der Erfolg hätte sich nicht zwangsläufig eingestellt, denn sind wir mal ehrlich: Reckturnen war schon in der Schule ein Graus.

Auf der Stange sitzen ging noch. Aber bis heute ist es mir ein Rätsel, was genau man mit seinem Körper bei einem Felgaufschwung machen muss. ‚Einfach nur die Hüftknochen an die Stange ziehen, abknicken und sich dann um die Stange drehen‘, das war es, was meine Sportlehrerin uns predigte und bis heute finde ich: mehr Hohn und Spott kann in einem ‚einfach nur‘ nicht liegen. Wenn man versuchte, sich ‚einfach nur‘ nach oben zu schwingen, war es, als würde auf einmal der ganze Körper nach unten ziehen, die Hüftknochen waren dem Hallenboden näher als der Reckstange. So musste sich ein nasser Sack fühlen. Die Hilfestellungen links und rechts von einem ächzten schwer unter dem Versuch, den Körper annähernd an die Stange zu bringen und am Ende bekam man für die Demütigung auch noch eine schlechte Note. Und wofür? Weil man den Gesetzen der Schwerkraft Folge leistete. Dafür. Das Einzige, was noch entwürdigender war als Reckturnen, war ‚Über den Kasten springen‘, weil es eigentlich ‚Gegen den Kasten laufen‘ hätte heißen sollen.

Nein, wo ich es mir so überlegte, war schon gut, dass dieses Ding da in dem Schaufenster für Erwachsene lag. Sollten die sich abrackern und die Kindheit dafür eine reckfreie Zone werden.



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